5.) K L Ä T S C H E R T A U B E (von Uwe Schlechter und Dr. J. Güntherschulze)
Mit unserer Erhaltungszucht und der nachhaltigen Verbreitung der gefährdeten Klätschertaube geht es jetzt endlich richtig voran. Nach meiner dezentralen Verbreitung der (bisher einzigen bekannten) überlebenden, tschechischen Klätschertauben-Population vor allem im norddeutschen Raum ( wir berichteten öfter darüber) von Warder und von Lelkendorf aus wurden die Zucht-Bestände genetisch immer enger und wir suchten bereits nach Alternativen in der Rotationszucht. Und dann kam dieser Glücksfall…:
Herr Uwe Schlechter, ein sehr engagierter Taubenzüchter nahm am 8.05.2018 mit GENUVI über Claudia Volkmann Kontakt auf . Er hatte von uns gehört und war an der Ursprünglichkeit unseren Klätschertauben sehr interessiert, zumal er annahm, dass seine Egerländer Tauben aufgrund seiner Recherchen auf die gleiche Ausgangspopulation im deutsch-tschechischen Grenzgebiet zurückzuverfolgen seien wie unsere Klätscher.
Er schrieb, ich zitiere:
„Guten Morgen , Frau Volkmann, ich will hiermit nochmals versuchen, mich als Klätschertaubenzüchter vorzustellen. Meine Tiere stammen aus sehr alten Beständen von Züchtern, die alle weit über die 70 Jahre alt sind. Diese Leute halten von Kindesbeinen an diese Tauben und behaupten, wohl zurecht, dass ihre Bestände seit jeher „rein“ gehalten wurden. Zum Beispiel recherchierte ich einen alten Herrn in Bayern, der als junger Mann einen Bestand alter „Schloger“ (so werden die Tauben dort genannt) von einem sehr alten Herrn übernommen hat. Jetzt ist er selber über 70 Jahre alt. Immer hat er diese Tauben nur unter sich gehalten. Sommer wie Winter Freiflug. Keine Medikamente und es wurden nur die Tiere behalten, die immer fit und gesund waren. Ebenfalls holte ich Egerländer Tauben der alten Sorte an der Tschechischen Grenze. Auch dort verhält es sich ähnlich. Der Züchter ist sehr alt und hat seine Tiere vom Vater übernommen.“ Zitat-Ende.
Hellhörig geworden nahm ich sofort Kontakt mit Herrn Schlechter auf , zumal sich seine Beobachtungen und Erkenntnisse mit den Meinen ziemlich gut zu decken scheinen. Ich pflege seither einen guten Kontakt mit ihm, was dazu geführt hat , dass wir eine über GENUVI laufende Zusammenarbeit auf den Weg gebracht haben. Außerdem war er im Herbst selber in das Gebiet gefahren und hat seine Tiere mit denen dort verglichen sowie einige Tiere erworben .
Klätschertauben im Haustierpark Lelkendorf
Und schließlich schickt er mir seit dem Sommer in Abständen seine Erkenntnisse zur Historie, Abstammungen und möglichen Formen einer züchterischen Zusammenarbeit schriftlich zu, die ich mit seiner Genehmigung in den folgenden Newsletter-Ausgaben veröffentlichen darf.
Ich zitiere:
„Animiert durch die Seite der VIEH-EV mit dem Rasseportrait der Klätscher suchte ich ab 2016 nach alten Beständen von Klätschertauben. Ich fand drei Züchter an der tschechischen Grenze, deren Bestände schon ca. 100 Jahre in Familienbesitz sind.
Hier ein paar Auszüge meiner Recherchen: In früheren Zeiten gab es in Böhmen und Mähren Kropftauben in allen erdenklichen Farben. Hauptsächlich wurden sie als Nutztaube, aber auch wegen ihres besonderen Flugstiels gehalten. Diese Land- und Bauernkröpfer, die sich mit ihrem eher flaschenförmigen Kropf von den größeren schon veredelten Kröpfern unterschieden, wurden von ihren Züchter einfach Klätscher genannt. Sie verfügten über sehr gute Flug- und exzellente Klatscheigenschaften. Die Klätscher bestimmten lange das Bild von Tauben auf dem Bauernhof. Vor allem im Bayrischen Raum war diese Taube unter dem Namen „Schloger“ (Schläger) sehr beliebt und verbreitet. Es waren enorm robuste und wetterfeste Tiere. Sie waren anspruchslos und suchten sich einen Großteil ihrer Nahrung selbst.
Unter den Bauern, die diese Tiere hielten, entwickelte sich in der Gegend um die tschechischen Orte Eger, Cheb und dem deutschen Grenzort Mähring eine besondere Variante der Klätscher, der „Egerländer Scheck“.
Wenn in dieser Gegend damals „Taube“ auf dem Speisezettel stand , war es üblich, dass die Burschen des Hauses die Aufgabe hatten, im Taubenschlag Frischfleisch zu besorgen. Sie suchten die Nester nach fast ausgewachsenen Jungtauben ab. Lagen Einfarbige oder nur leicht gescheckte Küken im Nest, wurden diese der Küche zugeführt. War aber ein schöner Scheck dabei, durfte dieses Tier bleiben und flügge werden. So selektierten die Bauerjungen dieser Gegend schon im Nest ihre „Egerländer Schecken“.
Diese „Egerländer Schecken“ waren etwas langgestreckte, eher waagerecht auf normal hohen Beinen stehende Kröpfer. Auf der Brust sollten sie einen rundlich bis halbmondförmigen weißen Kropffleck haben, die Schwingen sollten weiß sein und auf den Flügeln wünschte man sich kleine einzelne Federn, die so genannte Flügelrose. Es gab sie in den Farben Schwarz, Blau, Rot, Gelb und Braun. Dieses Braun war eher bronzefarben und wurde „Brandel“ genannt.
Durch meine Recherchen und einen glücklichen Zufall lernte ich drei dieser ehemaligen Bauernburschen kennen. Freunde seit frühsten Kinderjahren und mittlerweile über 70 Jahre alt, halten sie „Ihre Egerländer“ bis zum heutigen Tag. Sie tauschen seit jeher gut gezeichnete Tiere untereinander und selektieren bis heute wie in früheren Zeiten auf Farbe, Vitalität und Gesundheit. Sie übernahmen ihre Tiere von ihren Vätern, die die alten böhmischen Egerländer selber schon seit frühster Jugend züchteten. Laut Aussage dieser älteren Herren sind sie die Letzen der einst unzähligen Züchter der „Egerländer Schecken“ im alten böhmischen Typ.
Tiere dieser ursprünglichen Taubenlinie kamen in meinen Besitz. Sie sind gute Futterverwerter und zeigen sich sehr genügsam. Immer gesund und voller Energie. Sie fliegen gut und zeigen dabei Flugspiele. Sie wechseln von strammen Flug in langsamere Phasen, klatschten dabei mit ihren Flügeln, stellten diese über dem Rücken zusammen und lassen sich fallen. Ich konnte weitere Besonderheiten beobachten. Die Klätscher hatten Flugphasen, in denen sie extrem knapp um Häuserecken und über Firste flogen. Sie gingen dabei teilweise auch sehr tief runter, so dass sie kaum 1 Meter über dem Erdboden flogen. Dabei beschleunigten sie und flogen sehr schnell.
Wochen später sollte ich erfahren, was es mit diesem knappen Schnellflug auf sich hat. Eines Tages beobachtete ich, wie die Tauben beim Freiflug wieder enorm beschleunigten und anfingen, scharf um die Häuserecken zu fliegen. Ich schaute genau hin und sah einen Habicht im Schlepptau des Schwarms. Sie flogen wieder sehr tief und schüttelten so den Greif mit ihren Flugmanövern regelrecht ab. Der Habicht musste unverrichteter Dinge von Dannen ziehen. Es scheint, als hätten diese Kröpfer noch die Fähigkeit in ihrem Erbgut , um sich so vor Angriffen durch Greife zu schützen. Bis zum heutigen Tag habe ich keine einzige Taube an einen Greif verloren!
Abb.: Man beachte die schönen Egerländer Schecken bei Herrn Schlechter (Fotos: Uwe Schlechter)
Einige junge „Egerländer“ gingen zu einem Freund, der Feldflüchter im Schwarm frei hält, die natürlicherweise ausgiebig feldern. Zum Versuch sollte probiert werden, wie sich die „Egerländer Klätscher“ im Vergleich zu Feldflüchtern verhalten. Schon nach kurzer Eingewöhnung felderten die „Klätscher“ ausgiebig und kamen abends mit vollen Kröpfen wieder nach Hause. Sie suchten sich ihr Futter komplett allein. Das hält bis heute an.
Nach meinen Erfahrungen find ich es bestätigt, dass diese alte Linie der „Egerländer Schecken“ wohl über alle die Jahre ihre ursprünglichen Eigenschaften erhalten konnte und somit eine wichtige Genreserve darstellt.“ Zitat-Ende.
Hier der Bericht aus dem Newsletter des GENUVI. Habe ich einfach kopiert, zum lesen reichts sicher